Reisetagebuch Island – Episode I – Auf der Straße

Reisetagebuch Island – Episode I – Auf der Straße

 

 

She made it through the night

Nach 5-tägiger Anreise von Berlin über Dänemark mit der Fähre nach Island, erreiche ich am Mittwoch um 19h das erste Ziel: Die Artist Residency Gullkistan in Laugarvatn.

Die Autofahrt von der Fähre in Seyðisfjörður aus durch den Süden Islands war wild, dunkel, lang und abenteuerlich. 

Der erste Pass führt über die 93 nach Egilstadir, an dem Nachmittag konnte man die schneeüberdeckte Straße kaum ausmachen. Es geht kontinuierlich bergauf. Ein Litaue fährt mit seinem BMW hinter mir her. Kurz vor der Ankunft der Fähre sammelt sich eine Gruppe von Passagieren auf dem Gang und wartet auf das Anlegen der Fähre und tauscht sich über die jeweiligen Touren aus. Der Litaue fragt mich, ob wir hintereinander fahren, da wir einen Teil der Strecke gemein haben. Ich fahre mit meinem Lada 4×4 voran. Das Navi zeigt 3 Stunden 44 min an bis zur Zwischenunterkunft in Höfn.

Die Fahrt durch Schneewehen, graues Weiß der Nacht, Steigungen und schnelle Talfahrten, über Brücken und durch zwei Tunnel dauert jedoch 6 Stunden. 

Zu Beginn ist nur langsames Fahren möglich, die Sicht wird durch aufkommendes Schneetreiben immer wieder eingeschränkt, Schichten von Schnee liegen auf der Straße. Ich fahre erst hinter einem Land Rover auf gleicher Strecke und später einem PKW, der immer wieder stehen bleibt, um die Wehen abzuwarten. Rechts und links der Straße stehen Reflektoren, die eine Orientierung geben. Lange sind die Straßen von Schnee bedeckt, die Fahrt eher langsam, ab der halben Strecke sind die Straßen wieder sichtbar und ich fahre sicher 70 bis 80km/h, genieße die Auf-und schnellen Abfahrten. Ich fühle mich wie in Mario Cart Racing und warte nur drauf das blinkende Herzen und Sterne auf der Straße erscheinen, die ich für mehr Speed und Special Skills einsammeln kann. Es kommen jedoch nur Straßenschilder meist mit einer 70 drauf oder eine 50, kurz vor nur einspurigen Brücken. Die Straßen sind rar befahren, ab und zu kommt mir ein LKW entgegen oder vereinzelt leuchten die Rücklichter von PKWs auf. 

Das Offroad Training, das ich im Januar besucht habe zahlt sich nun aus. Insbesondere die Anmerkungen meines Beifahrers, Co – Pilot und Freund Tobi, beide Flossen am Lenkrad zu halten beherzigte ich während dieser Schneefahrt immer wieder. Denn während freier Fahrt einhändig zu lenken und dabei zeitgleich nach meiner Mate zu greifen ist eines meiner favorisierten Kunststücke. Dennoch steht mein Fuß doch noch häufig wie Omma auf der Kupplung, obwohl ich stehe oder doch gerade schon fahre. 

Die Club Mate in der Zwischenkonsole bleibt trotz Heizung kalt, bei starken Windböen von der Seite muss ich feststellen, dass die Dichtungen des Lada nicht ganz so gut funktionieren wie gehofft. Allerdings liegt der Wagen stabil auf der Straße und trotz meiner Sorge keine Schneeketten dabei zu haben, wühlt er sich spursicher durch dickere Schichten von Schnee und verhält sich griffig auf Eis. So fahre ich Streckenweise mutig 80km/h, der Litaue in weitem Abstand hinter mir, so dass ich bei Kreuzungen kurz auf ihn warte. 

Blinded by the light scheint mir ein passender Song zu sein, den ich über mein Smartphone anschmeiße, „She’s gonna make it through the night“ stellt für mich den entscheidendsten Teil des Songs dar und ich höre in Schleife bis ich an David Bowies Starman denken muss, den ich ebenso passend finde, nach der Ankunft auf diesem fremden Eisplaneten. Queen´ s Another on bites the dust holt dann sichere 90 km/h, laut mitsingend heraus und ich bin die Lara Croft der Straße oder wie meine Freundin Vera sagen würde, Karate Sandy is back! 

 Ich feiere meine Ankunft in dem wunderschön gelegenen Guesthouse mit einem Faroer Bier aus der Dose, das mich aus meiner Handtasche heraus anlächelt. 

Zufrieden und stolz auf meine Tagesleistung falle ich in das frisch bezogene Bett. Draußen vor dem Fenster nur dunkel, im kleinen Kreis eines Lichtes unterhalb des Fensters wird der Schnee beleuchtet, so dass es glitzert. Von Boot und Autofahrt schwankt es noch in meinem Kopf. Ich schlafe tief und fest. 

Der Morgen belohnt mich mit einem atemberaubenden Ausblick auf eine weiße Landschaft über der die Sonne durch den Schleier einer Wolkendecke hindurchscheint.